Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie („ACT“, als ganzes Wort gesprochen, wie das engl. Wort „act“ für: Handeln) wurde vom amerikanischen Psychiater Steven C. Hayes in den 1990er Jahren entwickelt. Sie stellt ein junges Therapieverfahren dar, welches maßgeblich aus der kognitiven Verhaltenstherapie entstanden ist und in der Praxis zunehmend Verbreitung findet.
Die ACT ist ein verhaltensanalytischer Therapieansatz, der darauf abzielt, Vermeidungsverhalten in Bezug auf unangenehme Erlebnisse abzubauen („Acceptance“) und wertebezogenes, engagiertes Handeln („Commitment“) aufzubauen. Bei der ACT bestehen die Behandlungsziele nicht darin, Symptome und Beschwerden loszuwerden, sondern das Leben so zu gestalten, dass es einen Sinn und Wert erhält. Dies kann im Einzelfall bedeuten, Symptome und Beschwerden anzunehmen und zu akzeptieren, statt wertvolle Lebenszeit in die Bekämpfung dieser zu investieren.
Denken bedeutet Bezüge herstellen
Die Grundlage für die therapeutische Arbeit im Rahmen der ACT bildet die Bezugsrahmentheorie. Diese Theorie besagt, dass Menschen lernen, gezielte Zusammenhänge zwischen den einzelnen Elementen ihres Erlebens herzustellen, welche man letztlich als Bezugsrahmen zusammenfassen kann. Das Besondere an diesen Bezugsrahmen ist, dass zusätzlich zu den direkt gelernten Bezügen automatisch auch eine Reihe anderer Bezüge abgleitet werden, die nicht explizit gelernt werden müssen.
Um ein klinisches Beispiel zu nennen: Allein das zeitlich-räumliche Zusammentreffen einer Panik mit dem Aufenthalt im Fahrstuhl kann durch Assoziierungslernen den Grundstein für eine Fahrstuhlangst legen. Menschen entwickeln nach einer Panikattacke häufig eine Angst vor der Situation, in der die Attacke aufgetreten ist. Befand sich jemand während der Panikattacke beispielsweise in einem Fahrstuhl, kann es sein, dass er eine Furcht vor der Benutzung von Fahrstühlen entwickelt – auch dann, wenn die Panikattacke eigentlich durch andere Faktoren ausgelöst wurde.
Die Förderung psychischer Flexibilität
Psychische Flexibilität bedeutet, dass eine Person in der Lage ist, sich auf den gegenwärtigen Moment einzulassen und ihr Verhalten entsprechend der Gegebenheiten der aktuellen Situation anzupassen – indem sie es verändert oder beibehält. Die therapeutische Arbeit konzentriert sich auf sechs Kernprozesse, welche zur Förderung der psychischen Flexibilität beitragen. Diese Prozesse beziehen sich sowohl auf die Haltung der Therapeutinnen und Therapeuten als auch auf die in der Therapie angewandten Methoden und erlernten Fertigkeiten. Die folgenden sechs Behandlungskomponenten bilden zugleich die Kernprozesse und somit auch die Basis der ACT.
Akzeptanz
Akzeptanz bezieht sich auf die Fähigkeit, sich unangenehmen und schmerzlichen inneren Erlebnissen gegenüber zu öffnen und sie so anzunehmen wie sie sind, anstatt sie zu vermeiden oder verändern zu wollen. Häufig führt die Vermeidung unangenehmer Gefühle, Gedanken und körperlicher Empfindungen dazu, dass Menschen das eigene Leben und die Dinge, die ihnen eigentlich wichtig sind, aus den Augen verlieren.
Defusion
Mit kognitiver Defusion ist gemeint, die eigenen Gedanken weniger wörtlich bzw. ernst zu nehmen und sich nicht in gedanklichen Netzen zu verstricken. Ziel ist es, dass automatisch ablaufende Gedanken erkannt werden und durch achtsamkeitsbasierte Strategien an Bedeutung verlieren, sodass sie das Erleben und Verhalten weniger stark beeinflussen.
Achtsamkeit
Achtsamkeit beschreibt die Fähigkeit, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein, ohne sich in den Gedanken und Gefühlen der Vergangenheit oder Zukunft zu verlieren. Die Grundlage bildet eine nicht-bewertende Selbstbeobachtung des eigenen Erlebens und Verhaltens, die dazu dient, die Welt in einer direkteren Weise erfahren zu können und dadurch an Handlungsflexibilität zu gewinnen.
Selbst als Kontext
Eine besondere Klasse von Gedanken und Überzeugungen sind jene, die sich auf das Selbst beziehen. Negative Annahmen über uns selbst wie „Das kann ich nicht“ oder „Ich brauche Harmonie“ können zur Erstarrung des Verhaltens und der persönlichen Entwicklung beitragen. Die Fähigkeit, sich selbst als Kontext des eigenen Erlebens zu sehen, überwindet die häufig einschränkende Tendenz, sich mit einem gedanklich konstruierten Bild von sich selbst gleichzusetzen. Ziel ist es, eine sichere und stabile Perspektive auf das Selbst zu konstruieren, aus der schwierige Erlebnisweisen nicht mehr als bedrohlich erlebt werden.
Werte
Aus der Sicht der ACT handelt es sich bei Werten um erwünschte, frei gewählte Verhaltenskonsequenzen, anhand derer Menschen ihr Verhalten ausrichten. Psychische Gesundheit im Verständnis der ACT ist demnach im Wesentlich dadurch gekennzeichnet, dass Menschen ein Kohärenzgefühl haben, dass sie in Übereinstimmung mit ihren wichtigsten Werten leben. Wenn ein Gefühl der Entfremdung von persönlichen Werten vorliegt, fühlen sich Menschen unglücklich in ihrem Leben und produzieren oftmals emotionale oder zwischenmenschliche Konflikte.
Commitment
Das Commitment umfasst die innere Orientierung sowie das eigene Handeln, die sich beide an den persönlichen Werten und Zielen orientieren. Commitment stellt somit sicher, dass man nicht in alte Muster automatischen Vermeidungsverhaltens zurückfällt und beinhaltet zugleich eine Haltung des Mitgefühls, die es ermöglicht, sich trotz Rückschläge immer wieder bewusst für das neu gewählte Verhalten zu entscheiden. Damit der Weg in Richtung eines sinnerfüllten Lebens erneut aufgenommen und fortgesetzt werden kann.
Vielfältige Einsatzgebiete in der Therapie
Da das Ziel der ACT weniger in der Aufhebung unerwünschter innerer Erfahrungen wie Gedanken, Gefühlen, Handlungsimpulsen, sondern in der Verfolgung einer sinnorientierten Lebensgestaltung besteht, orientiert sich die ACT nicht an Diagnosen der ICD-10 oder des DSM-IV.
Vielmehr handelt es sich um ein transdiagnostisches Behandlungskonzept, das sich an funktionalen Aspekten des Verhaltens orientiert. Die achtsamkeitsbasierten Interventionen der ACT haben sich gerade deswegen bei zahlreichen psychischen Störungen, wie Depression, Angst, Schmerzstörungen, Ess-Störungen oder Psychotrauma-Störungen, als wirksam erwiesen.
Die bisherige Datenlage hinsichtlich der therapeutischen Wirksamkeit zeigt, dass in mittlerweile über 50 randomisierten kontrollierten Studien nachgewiesen werden konnte, dass ACT mindestens die gleiche Effektstärke erzielt wie die konventionelle kognitive Verhaltenstherapie.
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