Autismus

Autismus ist eine komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörung. Die Merkmale des frühkindlichen Autismus zeigen sich bereits vor dem 3. Lebensjahr im sozialen Umgang, in der Kommunikation und im Interessenspektrum.

Autismus

Autismus ist eine komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörung. Häufig bezeichnet man Autismus auch als Störungen der Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung, die sich auf die Entwicklung der sozialen Interaktion, der Kommunikation und des Verhaltensrepertoires auswirken. Es wird zwischen „Frühkindlicher Autismus“ (F 84.0), „Asperger-Syndrom“ (F 84.5) und „Atypischer Autismus“ (F84.1) unterschieden. Die Unterscheidung fällt in der Praxis jedoch immer schwerer, da zunehmend leichtere Formen der einzelnen Störungsbilder diagnostiziert werden. Folglich wird heute häufig der Begriff der „Autismus-Spektrum-Störung“ (ASS) als Oberbegriff für das gesamte Spektrum autistischer Störungen verwendet.

Die Merkmale des frühkindlichen Autismus zeigen sich bereits vor dem 3. Lebensjahr und in folgenden drei Bereichen besonders deutlich:

  • Sozialen Umgang und Austausch
  • Veränderte verbale und nonverbale Kommunikation (u.a. Blickkontakt oder Körpersprache)
  • Eingeschränktes bzw. selektives Interessenspektrum mit Neigung zu Stereotypien (Wiederholungen von immer gleich ablaufenden Bewegungen)

Die spezifischen Ursachen der ASS sind noch nicht vollkommen geklärt, werden jedoch häufig mit genetischen Faktoren in Zusammenhang gebracht. Eltern, die bereits ein Kind mit ASS haben, tragen ein Risiko von ca. 3 bis 10 %, ein weiteres Kind mit ASS zu bekommen. Vorgeburtliche Infektionen, z. B. Virusinfektionen wie Röteln, können ebenfalls eine Rolle spielen. Außerdem kann eine Frühgeburt auch ein Risikofaktor für die Entwicklung einer ASS sein: Je früher das Kind vor seinem eigentlichen Geburtstermin zu Welt kommt, desto größer ist das Risiko für ASS.

Besonderheiten im Umgang und in der Kommunikation mit Mitmenschen

Menschen mit Autismus können soziale und emotionale Signale nur schwer einschätzen und haben ebenso Schwierigkeiten diese auszusenden. Die Reaktionen auf Gefühle anderer Menschen oder Verhaltensanpassungen an soziale Situationen wirken selten angemessen. Bereits im Säuglingsalter können sich Auffälligkeiten beim Kuscheln und Augenkontakt zeigen. Obschon einige betroffene Säuglinge aufgebracht sind, wenn sie von ihren Eltern getrennt werden, suchen sie nicht wie andere Kinder Schutz und Geborgenheit bei ihren Eltern. Ältere Kinder spielen am liebsten für sich allein und bauen keine persönlichen Beziehungen auf. Im Umgang mit anderen Kindern setzen Kinder mit ASS weder Blickkontakt noch Mimik ein, um Kontakt aufzunehmen.

Im Bereich der Kommunikation sind die Entwicklung des Sprachgebrauches und des Sprachverständnisses gleichermaßen betroffen. Dadurch sind wechselseitiger Gesprächsaustausch sowie Flexibilität im Sprachausdruck und in der Sprachmelodie ebenso wenig ausgeprägt wie die Ausprägung begleitender Gestik. Die am stärksten betroffenen Kinder lernen nie, zu sprechen. Die anderen lernen das Sprechen sehr viel später als gesunde Gleichaltrige und setzen die Sprache dann auf ungewöhnliche Art und Weise ein. Oft wiederholen sie Fragen oder Äußerungen, die an sie gerichtet waren (Echolalie), verwenden auswendig gelernte Sätze anstelle von spontaner Sprache oder vertauschen die Fürwörter. Konversation ist nicht interaktiv und wird, wenn vorhanden, eher für Feststellungen oder Anfragen genutzt statt zum Teilen von Ideen oder Gefühlen. Von der ASS betroffene Personen sprechen bisweilen mit einem auffälligen Rhythmus oder in einer ungewöhnlichen Tonhöhe.

Stereotype Verhaltensmuster

Die Besonderheiten im Verhalten sind charakterisiert durch eingeschränkte, sich wiederholende und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten. Alltägliche Aufgaben werden starr und routiniert ausgeführt. Kinder können darauf bestehen, bestimmte Handlungsroutinen in bedeutungslos erscheinenden Ritualen auszuführen und sperren sich häufig gegen Veränderungen, wie neue Speisen, Spielzeuge, Umstellen von Möbeln oder neue Kleidungsstücke. Motorische Stereotypien, wie Schaukeln, Wedeln, Kreiseln von Dingen sind häufig zu beobachten ebenso wie ein außergewöhnliches Interesse an Teilaspekten von Objekten (z.B. wie diese riechen oder sich anfühlen).

Besonderheiten in der Wahrnehmung und der Verarbeitung von Sinneseindrücken

Neben diesen Besonderheiten in der sozialen Interaktion und im Verhaltensrepertoire, haben Betroffene große Schwierigkeiten mit der Wahrnehmung und der Verarbeitung von Umwelt- und Sinnesreizen. ASS-Betroffene reagieren häufig zu sehr oder zu wenig auf Eindrücke. Sie können sich durch gewisse Geschmäcker, Gerüche oder Oberflächenstrukturen extrem abgestoßen fühlen oder ungewöhnlich auf schmerzhafte, heiße oder kalte Empfindungen reagieren. Bestimmte Geräusche werden vollkommen ignoriert, während andere als extrem nervig empfunden werden.

Abgrenzung zum Asperger Syndrom

Das Asperger-Syndrom (F84.5.) unterscheidet sich von anderen Autismus-Spektrum-Störungen in erster Linie dadurch, dass oft keine Entwicklungsverzögerung bzw. kein Entwicklungsrückstand in der Sprache oder der kognitiven Entwicklung vorhanden ist. Die meisten Menschen mit Asperger-Syndrom besitzen eine normale allgemeine, in Teilgebieten besonders hohe Intelligenz. Hingegen sind in der psychomotorischen Entwicklung und der sozialen Interaktion Auffälligkeiten festzustellen. Besonderheiten in der Wahrnehmung und Verarbeitung von Umweltreizen und Sinneseindrücken treten auch bei Menschen mit Asperger-Syndrom häufig auf.

Therapeutische Möglichkeiten bei Autismus-Spektrum-Störungen

Es besteht bis heute keine medizinische Möglichkeit, Autismus-Spektrum-Störungen zu heilen. Es gibt allerdings verschiedene Therapiemöglichkeiten, um kognitive und sprachliche Fertigkeiten zu bessern, die soziale Interaktion und Kommunikation zu trainieren und somit ein Leben im sozialen Umfeld zu erleichtern. Wissenschaftlich bisher etablierte effektive Therapieverfahren basieren alle auf verhaltenstherapeutischen und übenden Ansätzen verbunden mit Psychoedukation von Eltern, Erziehern, Lehrern und Betroffenen.

Frühförderung

Die frühe intensive Verhaltenstherapie ist verhältnismäßig gut erforscht und zeigt – bei ausreichender Intensität und Dauer – gute Effekte bezüglich der kognitiven Fertigkeiten. Der Schwerpunkt der Therapie bei Kindern mit frühkindlichem Autismus liegt in der Kommunikationsförderung (Sprachaufbau, Bild- und Symbolkommunikation, Gebärdensprache, etc.), der Verbesserung des Sozialverhaltens, der Spielförderung, der Wahrnehmungsförderung, der Erweiterung der Handlungskompetenzen sowie der Bearbeitung sekundärer Verhaltensprobleme. Im Rahmen verhaltenstherapeutisch eng angeleiteter Kleingruppen kann die soziale Interaktion mit Gleichaltrigen auch schon im Vorschulalter erfolgreich geübt werden.

Psychotherapeutische Behandlung

Falls eine zusätzliche Angst- oder Zwangsstörung vorliegt, kann und sollte diese – wenn die kognitiven Voraussetzungen gegeben sind – lege artis anhand klassischer kognitiver Verhaltenstherapie sowie Expositionsverfahren zusätzlich behandelt werden. Einige Studien konnten zeigen, dass angst-spezifische Gruppentherapien bei Patienten mit Asperger Syndrom und Angststörung die Ängste deutlich reduzieren konnten. Einen weiteren psychotherapeutischen Ansatz beschreibt die Applied Behavior Analysis (ABA) bzw. angewandte Verhaltensanalyse, bei dem Betroffenen schrittweise spezifische kognitive, soziale oder auf das Verhalten bezogene Fähigkeiten beigebracht werden. Kleine Verbesserungen werden verstärkt, und es wird schrittweise darauf aufgebaut, um bestimmte Verhaltensweisen bei Betroffenen mit ASS zu verbessern, zu ändern oder zu entwickeln. Zu diesen Verhaltensweisen gehören soziale Kompetenzen, Sprach- und Kommunikationsfähigkeiten, Lesen und Lernen sowie erlernte Fähigkeiten wie Selbstversorgung (zum Beispiel Duschen und Körperpflege), Kompetenz in Alltagstätigkeiten, Pünktlichkeit und berufliche Kompetenz.

Medikamentöse Therapie

Eine medikamentöse Therapie kann an der zugrunde liegenden Störung nichts ändern, jedoch können Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) das ritualisierte, zwanghafte Verhalten von Personen mit ASS oft positiv beeinflussen. Antipsychotika können zur Behandlung des selbstzerstörerischen Verhaltens eingesetzt werden. Stimmungsstabilisatoren und Psychostimulanzien sind nützlich für Personen, die unaufmerksam, impulsiv oder hyperaktiv sind.

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