Bulimie

Äußerlich ist Bulimie oft kaum wahrnehmbar, doch innerlich erleben Betroffene eine ständige innere Zerrissenheit: sie befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen zwei extremen Gefühlen. Zum einen der intensive Heißhunger, der zu übermäßigen Essanfällen verleitet, und zum anderen eine tiefe Angst vor einer Gewichtszunahme, verbunden mit starken Schuldgefühlen und Selbstablehnung.

Wer ist betroffen?

Die Bulimie tritt vorwiegend im späteren Jugend- und jungen Erwachsenenalter auf, wobei die Mehrzahl der Betroffenen weiblich ist. Es ist dennoch davon auszugehen, dass mehr Jungen und Männer an der Erkrankung leiden als bekannt ist, da sie insbesondere bei psychischen Störungen seltener ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen als Frauen. Die Ermittlung der genauen Häufigkeiten von Bulimie-Betroffenen wird durch eine anzunehmende hohe Dunkelziffer erschwert, die auf die häufige Verheimlichung der Erkrankung und das oft unauffällige Normalgewicht zurückzuführen ist.

Entstehung einer Bulimie

Verschiedene, sich gegenseitig beeinflussende Faktoren führen zur Entstehung einer Bulimie. Dabei lässt sich prinzipiell zwischen Ursachen und Auslösern unterscheiden, die sich allerdings nicht immer klar voneinander abgrenzen lassen.

Unter Ursachen versteht man Einflüsse, welche die individuelle Anfälligkeit eines Menschen für die Erkrankung bestimmen und deren Entwicklung begünstigen. Hierzu zählen unter anderem:

• Biologische und körperliche Einflüsse (erbliche Veranlagung oder häufiges Diäthalten)
• Traumatische Erlebnisse (Gewalt- oder Missbrauchserfahrungen, Vernachlässigung in der Kindheit)
• Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (niedriges Selbstwertgefühl, Perfektionismus, Sorge um Aussehen)
• Gesellschaftliche Einflüsse (Schlankheits-, Fitness- oder Schönheitsideale)

Zu den Auslösern, also den konkreten Umständen, die eine Bulimie hervorrufen können, gehören unter anderem:

• Starker Stress (durch Ereignisse wie Trennung, Verlust, Umzug oder Mobbing)
• Beginn der Pubertät (körperliche Veränderungen und wachsende Herausforderungen)
• Körperliche Faktoren, die das Einhalten von Diäten erfordern

Anzeichen für eine Bulimie

Typisch für Bulimie sind Essanfälle, bei denen Betroffene in sehr kurzer Zeit deutlich mehr als die üblichen 500 bis 600 Kalorien pro Mahlzeit zu sich nehmen – zum Teil werden sogar mehrere Tausend Kalorien aufgenommen. Die daraufhin ergriffenen Gegenmaßnahmen bewirken jedoch, dass die betroffenen Menschen ein normales Körpergewicht behalten. Dies ermöglicht es ihnen, ihre Erkrankung über längere Zeit vor ihrem Umfeld zu verbergen. Die Erkrankung kann zu zahlreichen körperlichen Beschwerden führen:

• Schmerzen im Hals, Magen, Darm und in der Speiseröhre
• Vergrößerung der Speicheldrüsen
• Störungen des Salz- und Wasserhaushalts
• Zahnschmerzen
• Nährstoffmangel

Neben den körperlichen Symptomen, leiden Betroffene häufig auch unter seelischen und sozialen Krankheitsfolgen:

• Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper
• Ständiger Wunsch, dünner zu sein
• Übermäßige sportliche Aktivität
• Heimliches Erbrechen
• Schamgefühle
• Depression
• Ängste
• Sozialer Rückzug

Lernen, normal zu essen

Die Bulimie ist eine schwerwiegende Erkrankung, die einer Behandlung bedarf. Betroffene empfinden ihr gestörtes Essverhalten jedoch oft als peinlich und scheuen sich davor, professionelle Hilfe zu suchen. Wie eine Bulimie behandelt wird, hängt von der Schwere der Erkrankung ab: sie kann ambulant sowie teil- oder vollstationär in einer Klinik erfolgen. Hierbei lernen die Betroffenen, wieder normal zu essen, und befassen sich mit den Faktoren, die zur Krankheit geführt und sie aufrechterhalten haben.

Mithilfe der Verhaltenstherapie können negative Gedankenmuster und Verhaltensweisen bezüglich des Essens, Gewichts und Körperbilds verändert werden. Dies hilft, die Kontrolle über das eigene Essverhalten zurückzugewinnen und alternative, gesündere Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Hängt die Essstörung mit tieferliegenden Konflikten oder ungelösten Traumata zusammen, so eignet sich auch die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Therapieansatz. Hier geht es darum, die der Bulimie zugrunde liegenden emotionalen Bedürfnisse und unbewusste psychische Prozess zu erkennen sowie zu bearbeiten. In Kombination mit psychotherapeutischen Maßnahmen kann eine Ernährungsberatung zur Entwicklung eines ausgewogenen Essverhaltens beitragen und die langfristige Verbesserung der Symptome verstärken.

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